Diagnose Multiples Myelom – was nun? 4 Fragen an Klaus Eisenbeisz von Myelom.Online e.V.
Die Diagnose Multiples Myelom ist nicht nur ein Schock für Betroffene. Sie bedeutet eine vollständige Umstellung des Lebens, da es sich um eine schwere, häufig wiederauftretende, behandlungsbedürftige Erkrankung handelt. Das Wissen um den aktuellen Stand der Forschung und die Behandlung des Myeloms sowie der Austausch unter Betroffenen kann hierbei eine große Stütze für neu diagnostizierte Menschen sein.
Der Verein Myelom.Online e.V. ist eine bundesweit tätige Organisation, die einen bedeutenden Beitrag dazu leistet, dass Myelom Patient:innen und ihre Angehörigen stets gut informiert sind und mit ihrem Behandlungsteam gemeinsam die bestmöglichen Therapieentscheidungen zu treffen. Neben der Aufklärung ist die Förderung der Vernetzung und des Austauschs unter Betroffenen ein wichtiger Bestandteil der Organisation.
In diesem Interview mit dem Gründer und Vorsitzenden Klaus Eisenbeisz lesen Sie, weshalb er sich in der Myelom-Aufklärung engagiert und was er anderen Betroffenen rät.
Vorstellung Klaus Eisenbeisz
Klaus Eisenbeisz hat im Dezember 2013 im Alter von 59 Jahren die Diagnose Multiples Myelom erhalten. Es war ein Zufallsbefund, dem keine spezifischen Symptome vorausgingen. Zwischenzeitlich hat er verschiedene Therapien gemacht. 2014 und 2018 jeweils eine autologe Stammzelltransplantation, weitere Dauertherapien und zuletzt im Februar 2022 eine CAR-T-Zell Therapie. Aktuell befindet sich Klaus Eisenbeisz in einer kompletten Remission.
Er hat sich sehr früh mit der Krankheit auseinandergesetzt und sich über Therapiemöglichkeiten informiert. Dabei hat er festgestellt, dass es zwar viele Informationen gibt, die aber oft sehr unstrukturiert sind und es für ihn schwierig war, die Informationen richtig zuzuordnen. Dies war für ihn der Anlass, das Internetportal Myelom.Online aufzubauen, dass die Informationen gebündelt und themenspezifisch anbietet.
Sie engagieren sich stark in der Myelom-Aufklärung und Selbsthilfe. Wie kam es dazu und weshalb ist Ihnen wichtig, Bewusstsein für diese lebenslange Erkrankung zu schaffen?
Klaus Eisenbeisz: Das Multiple Myelom ist eine sehr komplexe Krankheit. Ich halte es für wichtig, dass man als Patient:in versteht, was bei dieser Erkrankung im Körper passiert. Als Patient:in sollte man sich frühzeitig mit dem Multiplen Myelom arrangieren, d.h. lernen, die Krankheit anzunehmen und mit ihr zu leben. Mir geht es im Besonderen darum, den Patient:innen und Angehörigen dabei zu helfen und ihnen Mut zu machen. Ja, das Leben verändert sich nach einer solchen Diagnose, aber mit anderen, neuen Zielen kommt der Lebensmut wieder zurück. Hierzu möchte ich alle Betroffenen mit meinem Engagement ermutigen.
Wie können Betroffene eine Selbsthilfegruppe finden, um sich auszutauschen?
Klaus Eisenbeisz: Über die eigene Krebserkrankung zu sprechen, kann oftmals eine große Herausforderung sein, vor allem kurz nach Erhalt der Diagnose. Dabei kann eine offene Kommunikation sowohl den Patientinnen und Patienten selbst als auch dem sozialen Umfeld dabei helfen, besser mit der Situation umzugehen. Viele Patientinnen und Patienten stellen sich jedoch die Frage: Was erzähle ich überhaupt wem? Weiterhin ist es schwierig, anderen nicht Betroffenen seine Krankheit zu erklären.
Hier spielen Selbsthilfegruppen eine bedeutende Rolle. Dort trifft man auf „Gleichgesinnte“, denen man die Krankheit nicht erst erklären muss. Dort findet man ein offenes Ohr für seine Probleme und Fragen. Die Kommunikation ist offen und ehrlich.
Leider gibt es in Deutschland nur wenige örtliche Selbsthilfegruppen, da es sich beim Multiplen Myelom um eine seltene Erkrankung handelt. Wir haben auf unserem Internetportal die uns bekannten Selbsthilfegruppen (ca. 40) aufgelistet, um Betroffenen die Suche zu erleichtern.
Oft kommt es vor, dass man spontan ein Problem oder eine Frage zu seiner Erkrankung hat und der nächste Termin beim Arzt oder der örtlichen Selbsthilfegruppe erst in ein paar Wochen ist. Dann bieten sich auch virtuelle Selbsthilfegruppen zum Erfahrungsaustausch an. Hier gibt es z.B. Facebook-Gruppen oder Internet-Foren.
Sie möchten sich mit anderen Betroffenen austauschen?
Auf dem Internetportal von Myelom.Online finden Sie Anlaufstellen:
Warum raten Sie, sich bereits früh über klinische Studien für das Multiple Myelom zu informieren? Wie können Betroffene sich über klinische Studien zum Multiplen Myelom informieren und mit ihrem Behandlungsteam über potenziell passende Studien sprechen?
Klaus Eisenbeisz: Die Entwicklung neuer Medikamente und Therapien beim Multiplen Myelom von der „klassischen“ Chemotherapie zu den heutigen Möglichkeiten der Immuntherapie ist nicht zuletzt auf die Ergebnisse klinischer Studien zurückzuführen. Im Rahmen solcher Studien werden die Wirksamkeit und Verträglichkeit überprüft und so finden neue Medikamente und Therapiekombinationen letztendlich den Weg in den klinischen Alltag.
Die Teilnahme an einer Studie ist mit der Chance verbunden, frühzeitig Zugang zu innovativen Behandlungsmethoden zu bekommen, die im klinischen Alltag nicht erhältlich sind. Als Teilnehmer:in einer Studie leistet man einen unschätzbaren Beitrag für die weitere Erforschung von Therapien. Daher sollte man sich als Patient:in frühzeitig vor jeder Therapieentscheidung informieren, ob es eine geeignete Studie gibt. Keine Angst, man ist nicht das berühmte Versuchskanninchen.
Allerdings ist es für Patient:innen immer noch schwierig, sich selbst über laufende und geeignete Studien zu informieren. Auch wissen Ärzt:innen auch oft nicht, welche Studien aktuell laufen. Hier versuchen wir auf unserem Internetportal Hilfestellungen zu geben. Insgesamt müssen wir aber darauf hinarbeiten, mehr Transparenz zu schaffen und über Studien in patientengerechter Sprache zu informieren.
Welchen Tipp würden Sie einem neu Betroffenen geben?
Klaus Eisenbeisz: Mit Multiplem Myelom zu leben bedeutet eine komplette Umstellung für die Betroffenen. Gewohntes und Alltägliches finden nicht mehr so statt, wie man es vor der Diagnose kannte. Unmittelbar nach der Diagnose fallen viele erst einmal in eine Schockstarre. Daher ist es wichtig, die neue Situation in Ruhe zu bewerten und mit Angehörigen zu besprechen. Nach der Diagnose sollte man sich Zeit nehmen, um wieder zu sich selbst zu finden, seine weiteren Ziele zu definieren und dann die nächsten Schritte mit seinem Behandlerteam zu besprechen und gemeinsam zu entscheiden. Hierbei kann es sinnvoll sein, sich frühzeitig psychoonkologische Hilfe zu holen.
Es gibt heute eine Vielzahl von Therapiemöglichkeiten, die es einem ermöglichen bei guter Lebensqualität mit der Krankheit zu leben. Man muss bereit sein, die Krankheit anzunehmen.
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