Fatigue Syndrom bei Krebs: Ursachen, Behandlung und Leben mit chronischer Müdigkeit und Erschöpfung

Fatigue Syndrom bei Krebs: Ursachen, Behandlung und Leben mit chronischer Müdigkeit und Erschöpfung

Fatigue verstehen: Was ist die chronische Müdigkeit bei Krebs?

Viele Menschen mit Krebs beklagen im Laufe ihrer Krebsbehandlung körperliche und emotionale Erschöpfung, anhaltende Müdigkeit und Kraftlosigkeit. Dieser Zustand nennt sich Fatigue Syndrom bei Krebs oder auch tumorbedingte Fatigue. Der Alltag lässt sich nur noch schwer bis gar nicht mehr bewältigen. Häufig hält dieser Zustand über Wochen an, rund ein Drittel der Betroffenen leidet auch über ihr Therapieende hinaus an den Beschwerden.

Sicherlich fühlt sich jeder Mensch im Laufe seines Lebens einmal besonders müde und erschöpft. Doch das Fatigue Syndrom bei Krebs unterscheidet sich deutlich vom normalen Maß.

 

Krebspatientinnen und Krebspatienten, die vom Fatigue Syndrom betroffen sind, fühlen sich auch ohne vorangegangene Anstrengung erschöpft, kraftlos und empfinden eine bleierne Müdigkeit.

Was ist Fatigue?

Fatigue bezeichnet den Zustand ausgeprägter Müdigkeit und fehlender Energie ohne vorausgegangene Aktivität oder Anstrengung. Diese Erschöpfung ist sowohl körperlicher, als auch emotionaler Natur und auch mit Schlaf oder Erholung nicht zu beheben.

Alltägliche Aufgaben im Haushalt, Treppensteigen oder Einkäufe können von Krebspatientinnen und Krebspatienten kaum noch bewältigt werden. Dieser Zustand schränkt die Lebensqualität der Betroffenen enorm ein.

Die krebsbedingte Fatigue darf jedoch nicht mit dem sogenannten Chronic Fatigue Syndrome (CFS) verwechselt werden. Für CFS werden andere Ursachen angenommen und die Behandlung ist dementsprechend eine andere. Dieser Ratgeber fokussiert sich auf das Fatigue Syndrom bei Krebs.

Ursachen des Fatigue Syndrom bei Krebs

Die Ursachen für das Fatigue Syndrom bei Menschen mit Krebs sind vielfältig. Fatigue ist eine sogenannte multifaktorielle Erkrankung, also eine Krankheit, zu deren Entstehung viele Ursachen beitragen. Die genauen biologischen Mechanismen der Fatigue sind weitestgehend noch nicht wissenschaftlich belegt. Es ist jedoch sicher, dass unterschiedliche Faktoren ineinandergreifen und eine Rolle bei der Entstehung des Fatigue Syndroms spielen.

Ursachen des Fatigue Syndrom bei Krebs
Der Tumor selbst, aber auch die Krebstherapie sind beispielsweise ein großer Faktor für die Entstehung einer Fatigue. Während einige Betroffene die Krebstherapie gut vertragen und sich zwar vorübergehend müde und erschöpft fühlen, nach Beendigung ihrer Therapie jedoch schnell wieder leistungsfähig sind, entwickeln andere Patientinnen und Patienten starke Erschöpfung und Müdigkeit, die noch lange nach Beendigung der Therapie anhält.

Studien belegen, dass Fatigue verstärkt während oder nach einer Chemotherapie auftritt. Doch auch Immuntherapien mit Checkpoint-Inhibitoren, Strahlentherapie oder eine Operation können zur Entstehung einer Fatigue beitragen.

Faktoren, die zur Entstehung von Fatigue beitragen:
  • Die Krebserkrankung als solche
  • Die Art der Krebstherapie (Chemotherapie, OP, Strahlentherapie, Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren)
  • Psychische Belastung durch die Krebsdiagnose
  • Organschäden, wie Herzerkrankungen oder Nierenschwäche
  • Schmerzen
  • Psychische Vorerkrankungen, wie Depression
  • Hormonelle Ursachen, wie Schilddrüsenfehlfunktion, Nebennierenhormone, Geschlechtshormone
  • Mangelernährung und Nährstoffmangel
  • Vitamin D Mangel
  • Blutarmut/Anämie
  • Nebenwirkungen und Wechselwirkungen von Medikamenten
  • Muskelabbau durch körperliche Inaktivität
  • Schlafstörungen

Wie zeigt sich Fatigue?

Jeder Mensch empfindet Fatigue individuell. Ähnlich wie Schmerz ist die Fatigue ein subjektives Empfinden und ist nicht direkt sichtbar oder messbar. Viele Betroffene schildern die Fatigue als bleierne Müdigkeit, extreme Kraftlosigkeit und beklagen, dass sie überhaupt keine Energie mehr haben, um ihren Alltag zu bewältigen. Die Fatigue wird häufig von mangelnder Konzentrationsfähigkeit und einem schlechten Gedächtnis begleitet. Menschen, die von Fatigue bei Krebs betroffen sind, müssen sich vieles aufschreiben, weil sie es sich nicht merken können.

Außerdem müssen Betroffene ihre Energie sehr genau einteilen und auf vieles verzichten, um durch den Tag zu kommen. Es ist nicht möglich, sich „Energie vom Folgetag zu leihen“.

Überstrapazieren sie ihre Kräfte, können sie den nächsten Tag praktisch nicht überstehen, sondern sind noch erschöpfter. Dies ist für die Betroffenen mit großem Leid und Einschränkungen verbunden und schränkt die Lebensqualität stark ein, da ein normales, gesellschaftliches Leben praktisch nicht mehr möglich ist. Daher ist Fatigue ein ernstzunehmendes Krankheitsbild, das behandelt werden sollte. Fatigue unterscheidet sich deutlich von normaler Müdigkeit.

Symptome der Fatigue im Überblick

Von Fatigue betroffene Krebspatientinnen und Krebspatienten nennen verschiedene Symptome, die ihren Alltag stark beeinträchtigen. Stellen Sie beim Lesen mehrere dieser Symptome bei sich oder Ihren krebskranken Angehörigen fest, sprechen Sie das Thema Fatigue beim onkologischen Behandlungsteam an, um Hilfe zur Bewältigung der Fatigue zu erhalten.

Die häufigsten Symptome des Fatigue Syndroms bei Krebs:

  • Müdigkeit, Energiemangel und/oder unverhältnismäßig erhöhtes Ruhebedürfnis
  • Allgemeine Schwäche
  • Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen
  • Schlaflosigkeit oder übermäßiges Schlafbedürfnis
  • Schwierigkeit, den Alltag zu bewältigen
  • Lustlosigkeit, Verlust der Lebensfreude/des Interesses am Leben
  • Trauer, Frust, Reizbarkeit
  • Angst, nicht wieder gesund zu werden

Wie lange dauert das krebsbedingte Fatigue Syndrom?

Nicht alle Krebspatientinnen und Krebspatienten entwickeln unter der Krebstherapie ein Fatigue Syndrom. Kommt es doch zu einer Fatigue bei Krebs, ist es unterschiedlich, wie lange die Fatigue anhält. Glücklicherweise klingt die Fatigue nach der Therapie oft innerhalb weniger Monate ab. Etwa ein Drittel bis ein Viertel der Betroffenen hingegen leiden auch lange nach Therapieende noch unter Erschöpfung.

Fatigue erkennen: Wie wird die Fatigue Diagnose gestellt?

Die Komplexität durch das Zusammenspiel vieler Faktoren bei krebsbedingter Fatigue erschwert die Diagnosestellung. Um eine Fatigue festzustellen gibt es keine klinischen Messmethoden oder Blutparameter. Lediglich organische Ursachen können mittels Untersuchungen und Bluttests festgestellt werden.

 

Um das subjektive Empfinden Fatigue zu erfassen, dienen verschiedene Fragebögen, die anhand von ja/nein Fragen oder Skalen verschiedene Parameter abfragen. Beispielsweise können sich Betroffene von 0=überhaupt nicht erschöpft bis 10=extrem erschöpft selbst einschätzen.

Fatigue behandeln: Welche Therapieansätze gibt es?

So subjektiv und vielschichtig die Ursachen für eine Fatigue bei Krebs sind, so individuell sind auch die Therapiemöglichkeiten. Ziel der Behandlung ist immer, die Lebensqualität der Krebspatientinnen und Krebspatienten zu verbessern.

Dies beginnt bereits bei der Aufklärung und dem Verständnis der Fatigue als ernstzunehmende Krankheit.

Die Betroffenen bilden sich die Symptome nicht ein. Sie sind nicht alleine mit ihren Beschwerden, sondern viele andere sind ebenfalls betroffen und es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten für ihre individuellen Beschwerden.

Dies zu wissen, macht Mut und gibt Hoffnung, etwas gegen die Erschöpfung tun zu können.

Um das Fatigue-Syndrom zu behandeln, stehen vor allen Dingen nicht-medikamentöse Ansätze zur Verfügung, da sie einen besseren Effekt zeigen. Der Einsatz von Medikamenten wird nur in Ausnahmefällen in Abstimmung mit den behandelnden Ärzten empfohlen.

Behandlung organischer Ursachen und Begleiterscheinungen von Fatigue

Verschiedene organische Ursachen können Einfluss auf die Entstehung und Ausprägung der Fatigue haben. Werden im Rahmen der Diagnosestellung organische Ursachen festgestellt, können diese in der Regel gut behoben werden.

 

Blutarmut (Anämie)

Blutarmut entsteht durch einen Mangel an roten Blutkörperchen, das eisenhaltige Hämoglobin. Hämoglobin bindet den Sauerstoff und transportiert ihn in die Körpergewebe. Ist nicht ausreichend Hämoglobin vorhanden, fehlt dem Körper Sauerstoff und Betroffene fühlen sich kraftlos und erschöpft. Blutarmut geht häufig einher mit Beschwerden wie Kurzatmigkeit, Herzrasen und einem Schwächegefühl in Armen und Beinen.

Eine Blutarmut kann mithilfe von eisenhaltiger Ernährung, sowie Supplementierung mithilfe von Eisenpräparaten erreicht werden. In ausgeprägten Fällen der Blutarmut können in Absprache mit dem Behandlungsteam Transfusionen mit roten Blutkörperchen (Erythrozyten) zum Einsatz kommen.

 

Hormonelle Ursachen behandeln

Der Tumor selbst, aber auch die Krebstherapie kann den Hormonhaushalt eines Menschen beeinträchtigen und so Fatigue auslösen oder verstärken. Beispielsweise können Schilddrüse oder Nebennieren fehl funktionieren und zu ausgeprägter Müdigkeit und Erschöpfung beitragen. Auch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind in Studien belegt worden, die bei Schilddrüsenmedikamenten zu notwendigen Dosisanpassungen geführt haben.
Ultraschalluntersuchung zu hormonellen Ursachen des Fatigue Syndroms bei Krebs

Lassen Sie die Möglichkeit von hormonellen Ursachen, die zur Erschöpfung bei Krebs beitragen abklären und passen Sie gegebenenfalls gemeinsam mit Ihrem Behandlungsteam die Dosis von Medikamenten an, falls nötig.

Mangelernährung & Muskelschwäche

Verliert eine Krebspatientin oder ein Krebspatient im Laufe der Erkrankung Muskelmasse und Körperfett, resultiert dies in einer Gewichtsabnahme. Der körperliche Abbau bei Krebs wird auch Tumorkachexie genannt.

 

Eine Mangelernährung ist in jedem Krankheitsstadium möglich. Der dadurch entstehende Mangel an Energie, Vitaminen und Mineralien führt zu einer starken Abnahme der Leistungsfähigkeit und die Betroffenen fühlen sich dauerhaft erschöpft.

Aus diesem Grund ist Gewichtsverlust und einer Mangelernährung frühzeitig entgegenzuwirken.

Eine krebsorientierte Ernährungsberatung oder der Einsatz von hochkalorischer Trinknahrung kann Sie dabei unterstützen, Ihr Gewicht zu halten und alle nötigen Nährstoffe zu sich zu nehmen.

Schon gewusst?

Eine Tumorkachexie, also Mangelernährung bei Krebs kann auch bei Normal- oder Übergewicht vorliegen. Stellen Sie Veränderungen in ihren Ernährungsgewohnheiten oder beim Appetit fest, kontaktieren Sie ihr Behandlungsteam.

Behandlung psychischer Ursachen von Fatigue

Fatigue ist für Krebspatientinnen und Krebspatienten ein sehr belastender Zustand. Die Angst, das eigene Leben nicht mehr gestalten zu können, Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit sind nur einige Beispiele einer langen Liste von herausfordernden Gefühlen, die zusätzlich schwächen. Mögliche psychische Vorerkrankungen, wie Depressionen oder posttraumatische Behandlungsstörungen können das Fatigue Syndrom ebenfalls verstärken.

 

Die Sorgen und Probleme mit der Fatigue offen anzusprechen und das Leben mit Fatigue zu lernen, können im Rahmen einer Psychotherapie oder niedrigschwelligen psychoonkologischen Beratungsangeboten begleitet werden.

 

Eine kognitive Verhaltenstherapie kann Betroffene konkret dabei unterstützen, die noch vorhandene Energie sinnvoll einzuteilen und den Alltag auf ein Leben mit der Erschöpfung auszurichten.

 

Studien zeigen auch, dass achtsamkeitsbasierte Stressbewältigung nach Jon Kabat-Zinn, die sogenannte Mindfulness-based Stress Reduction (MBSR) die Erschöpfung mindern kann. Sie beruht auf Körperwahrnehmung, Yoga, Atmung und Meditation. Dieses medizinische Achtsamkeitstraining verfolgt keinen religiösen, sondern gesundheitlichen Ansatz.

Wie kann achtsamkeitsbasierte Stressbewältigung (MBSR) Menschen mit Fatigue Syndrom bei Krebs helfen?

Achtsamkeitstraining hilft Menschen in Lebenskrisen ohne Bewertung zu verfolgen, was im Moment mit einem selbst geschieht und zu lernen, die neue Situation zu akzeptieren.

Kabat-Zinn stellte fest, dass diese Besinnung auf den Augenblick Menschen, die unter extremer psychischer Belastung stehen oder unter chronischen Schmerzen leiden, in einen Zustand der inneren Ruhe zurückzufinden, der sich positiv auf ihr Allgemeinbefinden auswirkt.

Achtsamkeitsbasierte Stressbewältigung (MBSR) ist heute fester Bestandteil der verhaltenstherapeutischen und psychoonkologischen Praxis.

Sport & Bewegung zur Wiederherstellung der körperlichen Leistungsfähigkeit

Sport und Bewegung spielen eine zentrale Rolle in der Behandlung des Fatigue Syndrom bei Krebs. Regelmäßiges Ausdauer- und Krafttraining brechen den Teufelskreis aus Bewegungsmangel, Verlust an Muskelmasse und Erschöpfung, die in noch größerer Inaktivität mündet.

Wieviel Sport wird empfohlen?

Die Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention der deutschen Krebsgesellschaft empfehlen ein individuelles Trainingsprogramm für Menschen mit Krebs.

Sport und Bewegung helfen die Symptome des Fatigue Syndrom bei Krebs zu lindern.
  • Mindestens 3x wöchentlich bis täglich: Ausdauereinheiten, wie zügiges Gehen, Schwimmen, Joggen, Tanzen oder Nordic Walking
  • 2x wöchentlich Krafttraining, wie Rudern, Übungen mit dem eigenen Körpergewicht, Trianing mit Hilfsmitteln, wie Gummibänder/Hanteln oder Gerätetraining idealerweise in Einrichtungen mit physiotherapeutischer Betreuung

Ist die betroffene Person durch die Krebserkrankung stark geschwächt, gilt: Jede Bewegung ist besser als keine. Versuchen Sie dennoch ihren Alltag so aktiv, wie möglich zu gestalten, um körperlich nicht weiter abzubauen. Gehen Sie in Begleitung spazieren, versuchen (Stuhl-)Yoga oder einfache Körperübungen. Das wirkt sich positiv auf Ihre Stimmung und nicht zuletzt auch auf die Lebensqualität aus.

In diesen Fällen sollte ein Training vorab in ärztlicher Absprache erfolgen:

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Chemotherapie innerhalb der letzten 24 Stunden
  • Knochenmetastasen
  • Fortgeschrittene Osteoporose
  • Thrombopenie (Verminderung der Zahl der Blutplättchen auf << 30.000/μl im Blut)
  • Blutarmut (HB-Wert unter 8g/dl)

Bei akuten Infekten, Fieber, Übelkeit und Erbrechen sollten Sie auf ein Training verzichten.

Seelisches Befinden verbessern mit Yoga und achtsamkeitsbasierten Bewegungsformen

Verschiedene wissenschaftliche Studien belegen, dass insbesondere Yoga positiven Effekt auf die Bewältigung von Erschöpfung und Schlafproblemen hat und so die Auswirkungen des Fatigue Syndrom bei Krebs reduzieren kann.

Auch weitere achtsame Bewegungsformen, wie Tai-Chi oder Qi Gong können sich positiv auf die Erschöpfung auswirken. Die Kombination aus Atem und Bewegung ergänzen sich und führen so einerseits zu Ruhe und Entspannung, während die Bewegung zu Kräftigung und Mobilisierung des Körpers beiträgt.

Ob Kraft-, Ausdauertraining oder Yoga wirkungsvoller gegen eine Fatigue bei Krebs sind, ist noch nicht wissenschaftlich bewiesen. Jeder Mensch ist anders und die jeweilige Ausprägung der Fatigue ist individuell zu behandeln. Grundsätzlich gilt aber: Machen Sie den Sport, der Ihnen am meisten zusagt und den Sie mit Freude regelmäßig betreiben.

Leben mit Fatigue: Worauf kommt es im Alltag an?

Die Behandlung des Fatigue Syndroms hat das Ziel, die Erschöpfung zu mindern und den körperlichen Zustand zu verbessern. Doch auch der Alltag von Krebspatientinnen und Krebspatienten mit Fatigue erfordert Anpassung. Die Situation als solche zu akzeptieren ist ein schwerer, aber wichtiger Schritt, um mit der Fatigue leben zu können. Akzeptanz bedeutet jedoch nicht, dass Sie sich mit der Erschöpfung und Kraftlosigkeit abfinden müssen, sondern hilft Ihnen, die Fatigue als Begleiter anzunehmen und Strategien zu finden, wie Sie trotz der Erschöpfung Ihren Alltag bewältigen können. Wichtige Fragen sind hierbei:

  • „Wie kann ich meine Energie einteilen, um gut durch den Tag zu kommen?“
  • „Welche Aufgaben kann jemand anderes übernehmen, um mich zu entlasten?“
  • „Was tut mir gut und wie kann ich wieder auftanken?“

Fatigue Tagebuch als Unterstützung

Ein Fatigue- oder auch Energie-Tagebuch kann Sie bei der Beantwortung dieser Fragen unterstützen. Schreiben Sie einige Tage lang auf, was Sie gemacht haben, wie viel Energie Sie hierfür aufwenden mussten, wie stark die Erschöpfung war und was Ihnen möglicherweise wieder Kraft gegeben hat.

 

Sie werden schnell Ihre Energiefresser erkennen und auch Ihre energiereicheren Zeiten, in denen Sie wichtigen Aufgaben nachkommen können. Ein Muster für ein solches Energietagebuch finden Sie beispielsweise im Anhang des blauen Ratgebers Nr. 51 der deutschen Krebshilfe „Fatigue: Chronische Müdigkeit bei Krebs“

Das soziale Umfeld mit ins Boot holen

Für Angehörige von krebskranken Menschen mit Fatigue ist die Situation ebenfalls schwer, weil sie sich kaum in das Empfinden der kranken Person hineinversetzen können und die Fatigue häufig mit einfacher Müdigkeit gleichgesetzt wird. Sprechen Sie offen mit Ihrem Umfeld, um Verständnis für Ihre Gefühle, ihren Zustand und die damit einhergehenden Herausforderungen zu schaffen.

Sprechen Sie konkret an, wenn Sie Unterstützung benötigen, damit Sie Ihren Alltag meistern können. Vielleicht kann eine Freundin Ihr Kind von der Schule abholen, ein Abendessen kochen oder Ihr Partner kann einen Teil der Hausarbeit übernehmen, der Sie besonders viel Kraft kostet.

Bitten Sie Ihr soziales Umfeld darum, gemeinsam mit Ihnen Aktivitäten zu planen, wenn es Ihnen durch die Erschöpfung schwer fällt in Bewegung zu kommen. Unternehmen Sie Spaziergänge oder Ausflüge, bei denen Sie die gemeinsame Zeit mit etwas Bewegung verknüpfen können.

Ausflüge und Aktivitäten mit Freunden und Familie halten Sie trotz Fatigue bei Krebs in Bewegung

Bedenken Sie: Auch Ihre Angehörigen haben Bedürfnisse und das Fatigue Syndrom ist auch für das soziale Umfeld eine große Herausforderung. Es ist wichtig im Umgang miteinander, dass alle Beteiligten über die Einschränkungen sprechen und Ihre Erwartungen aneinander äußern dürfen, um gemeinsam eine Lösung für ein gutes Miteinander trotz Fatigue zu finden.

Gestalten Sie Ihren Tagesablauf bewusst

Um trotz Fatigue bei Krebs gut durch den Tag zu kommen, ist es von Vorteil, Ihren Tagesablauf bewusst zu gestalten. Versuchen Sie nicht zu viele herausfordernde Tätigkeiten an einem Tag unterzubringen und die Balance zwischen Aktivität und Ruhephasen zu finden, die Sie weder über- noch unterfordert.

Tipps für einen bewussten Tagesablauf:

  • Planen Sie möglichst im Voraus, um Ihre Kapazitäten zu schonen.
  • Setzen Sie sich realistische Tagesziele, um motiviert zu bleiben, Ihren Alltag zu gestalten.
  • Setzen Sie Prioritäten! Welche Aufgabe ist heute am wichtigsten und muss unbedingt erledigt werden?
  • Teilen Sie Ihre Kräfte gut ein und machen Ihre Nr. 1 Aufgabe zu einer besonders energiereichen Zeit.
  • Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für schöne Dinge, die Ihnen im Laufe des Tages wieder Kraft geben.

Ausreichend guter Schlaf

Versuchen Sie ausreichend und gut zu schlafen, um genügend Energie für den kommenden Tag zu haben. Das ist nicht immer einfach.

Diese Tipps können Sie dabei unterstützen:

  • Achten Sie auf einen regelmäßigen Schlafrhythmus und gehen jeden Tag zu einer ähnlichen Uhrzeit schlafen und stehen morgens zur gleichen Zeit wieder auf – auch am Wochenende. Je regelmäßiger ihr Rhythmus, desto besser gewöhnt sich Ihr Körper an den Schlaf.
  • Stehen Sie sofort auf, sobald Sie aufgewacht sind und bleiben nicht noch im Bett liegen.
  • Versuchen Sie nach einer schlechten Nacht nicht, den Schlaf nachzuholen und begrenzen Sie eventuelle Power-Naps auf insgesamt maximal eine Stunde am Tag.
  • Sollten Sie nicht einschlafen können, bleiben Sie nicht im Bett, sondern gehen einer leichten, monotonen Tätigkeit nach, die Sie ermüden lässt.
  • Legen Sie digitale Geräte, wie Laptops, Handys und Smartphones oder Tablets mindestens eine Stunde vor Ihrer Bettzeit beiseite. Das blaue Licht wirkt sich negativ auf Ihren Schlaf aus. Es bewirkt, dass Ihr Körper weniger Melatonin, also das „Schlafhormon“ ausschüttet.

Mit schlechten Tagen umgehen

Nicht jeder Tag mit Fatigue Syndrom bei Krebs ist gleich. Sowohl Ihre Krebserkrankung als auch die Fatigue verlangen viel von Ihnen ab, sowohl körperlich als auch seelisch. Neben guten Tagen gibt es leider auch besonders schlechte Tage. Akzeptieren Sie Ihre Grenzen. Versuchen Sie an diesen Tagen den Kopf nicht hängen zu lassen und machen Sie sich bewusst, dass es einfach nicht Ihr bester Tag ist. Ein schlechter Tag ist nicht ein schlechtes Leben.

Es kann mutmachend sein zu sehen, welche Erfolge Sie dennoch erreicht haben, auch wenn es nur kleine Schritte sind, die Sie heute vorangehen. Machen Sie sich diese bewusst.

Bitten Sie an schlechten Tagen Ihr Umfeld um Unterstützung, um Sie etwas von der Fatigue abzulenken.

Vielleicht können Sie einen Angehörigen bitten, Sie bei der Erledigung der wichtigsten Aufgabe zu unterstützen oder gemeinsam Zeit zu verbringen und Sie ein wenig von Ihrer Müdigkeit abzulenken und dem Tag so einen positiven Aspekt zu geben?

Blicken Sie mit einer positiven Haltung in die Zukunft und lassen sich von diesem kleinen Rückschlag nicht entmutigen, morgen ist ein neuer Tag.

Quellenangaben

(Abruf am 22.12.2022)

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