Multiples Myelom: Wie Daratumumab den Beginn einer symptomatischen Erkrankung hinauszögern kann
Daratumumab beim schwelenden Multiplen Myelom
Das schwelende Multiple Myelom (SMM) ist eine Vorstufe des Multiplen Myeloms, bei der die Erkrankung zwar messbare Veränderungen im Blut, Urin oder Knochenmark zeigt, aber noch keine Symptome oder Organschäden verursacht. Insbesondere bei PatientInnen mit einem hohen Risiko für ein Fortschreiten in eine symptomatische Erkrankung ist die Suche nach effektiven Therapien ein wichtiges Ziel der Forschung. Eine aktuelle Studie untersuchte den Einsatz von Daratumumab, einem Antikörper, der gegen das Protein CD38 auf der Oberfläche von Myelomzellen gerichtet ist. Die Ergebnisse könnten die Behandlungsstrategie für das schwelende Multiple Myelom grundlegend verändern.
Was ist Daratumumab?
Daratumumab ist ein monoklonaler Antikörper, der seit Jahren erfolgreich bei Patienten mit Multiplem Myelom eingesetzt wird. Er bindet an das Protein CD38, das auf der Oberfläche von Myelomzellen stark exprimiert ist, und zerstört diese durch die Aktivierung des Immunsystems. Diese gezielte Wirkweise macht Daratumumab zu einem vielversprechenden Kandidaten für die Behandlung von Patienten schwelendem Multiplen Myelom mit hohem Risiko für das Fortschreiten der Erkrankung in ein Multiples Myelom
Studienergebnisse: Daratumumab bei SMM
Die kürzlich im New England Journal of Medicine (NEJM) veröffentlichte Phase-3-AQUILA-Studie verglich Daratumumab mit einer rein beobachtenden Strategie (Active Monitoring) bei PatientInnen mit hochrisiko-schwelendem Multiplen Myelom. Risikofaktoren für ein hohes Risiko waren in der Studie: Ein Serum-M-Protein-Spiegel von mindestens 30 g/l, eine IgA-Erkrankung, eine Immunparese (verminderte Konzentration von zwei unbeteiligten Immunglobulinen), ein Quotient der betroffenen Leichtkette zur nicht betroffenen von mindestens 8 bis 100 oder ein Anteil der klonalen Plasmazellen im Knochenmark von 50-60 %.
Hier die wichtigsten Ergebnisse:
Studienaufbau:
390 Patienten mit hochrisiko SMM wurden in zwei Gruppen randomisiert:
Daratumumab-Gruppe: Patienten erhielten eine Monotherapie mit Daratumumab.
Active Monitoring-Gruppe: Patienten wurden ohne aktive Behandlung engmaschig überwacht.
Primärer Endpunkt der Studie war das Krankheits-freie ( das sogenannte Progressions-freies) Überleben (PFS).
Die mediane Zeit bis zum Fortschreiten zur symptomatischen Erkrankung war in der Daratumumab-Gruppe deutlich länger.
Nach 5 Jahren entwickelten 34,5 % der PatientInnen in der Daratumumab-Gruppe ein Multiples Myelom oder verstarben, während in der Vergleichsgruppe bei knapp mehr als der Hälfte der PatientInnen (50,5 %) die Erkrankung in ein Multiples Myelom überging oder die PatientInnen verstarben.
- 5-Jahres-Krankheits-freies Überleben:
- Daratumumab: 63,1 %
- Active Monitoring: 40,8 %
Sicherheit:
Die Behandlung mit Daratumumab war insgesamt gut verträglich. Es wurden jedoch mehr Nebenwirkungen beobachtet im Vergleich zur Kontrollgruppe.
Häufige Nebenwirkungen waren Fatigue (34,2 % versus 13,3 % in der Vergleichsgruppe), Infektionen der Atemwege (30,1 % versus 7,7 %), Durchfälle (27,5 % versus 5,1 %), Gelenkbeschwerden (26,9 % versus 17,9 %), Rückenschmerzen (23,8 % versus 19,4 %) oder auch Schlafstörungen (22,3 % versus 2,6 %).
Schlussfolgerung:
Die Studie zeigte, dass Daratumumab das Fortschreiten zur symptomatischen Erkrankung signifikant verzögert und bei Patienten mit hohem Risiko-SMM sicher angewendet werden kann.
Bedeutung der Ergebnisse
Die Ergebnisse der Studie sind bahnbrechend, da sie erstmals zeigen, dass eine aktive Behandlung von hochrisiko-schwelendem Multiplen Myelom mit Daratumumab das Fortschreiten der Krankheit wirksam verzögern kann. Dies stellt einen Paradigmenwechsel dar, da bisher bei SMM häufig eine beobachtende Strategie verfolgt wurde, um Nebenwirkungen von frühen Behandlungen zu vermeiden. Aktuell wurde die Zulassungserweiterung bei den amerikanischen und europäischen Behörden beantragt.
Therapieüberlegungen für die Praxis
Für wen ist die Behandlung geeignet?
Patienten mit hohem Risiko für ein Fortschreiten zur symptomatischen Erkrankung, basierend auf Biomarkern wie der Plasmazellzahl im Knochenmark oder dem freien Leichtkettenquotienten.
Vorteile der frühen Behandlung:
Verlängerung der Krankheits-freien Zeit.
Potenziell bessere Lebensqualität durch Vermeidung schwerwiegender Symptome der voll ausgebildeten Erkrankung.
Abwägung der Risiken:
Trotz der guten Verträglichkeit von Daratumumab müssen potenzielle Nebenwirkungen wie Infektionen und auch häufigere weniger schwerwiegende Nebenwirkungen berücksichtigt werden.
Disclaimer:
Daratumumab ist derzeit noch nicht für den Einsatz beim schwelenden Multiplen Myelom zugelassen. PatientInnen sollten sich an ihre behandelnden Ärzte wenden, um sich über verfügbare Optionen zu informieren.
Zusammenfassung
Die Therapie mit Daratumumab könnte für Patienten mit hochrisiko-schwelendem Multiplen Myelom eine neue Behandlungsoption darstellen, die das Fortschreiten zur symptomatischen Krankheit signifikant verzögert. Für eine Abschätzung der Auswirkungen auf das Gesamtüberleben müssen die Langzeitdaten abgewartet werden.
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Quellen
Dimopoulos MA et al. Daratumumab or Active Monitoring for High-Risk Smoldering Multiple Myeloma. N Engl J Med. 2024 Dec 9. doi: 10.1056/NEJMoa2409029. Epub ahead of print. PMID: 39652675 Link zur Originalarbeit
ASH Abstract 773 Dimopoulos MA et al. Phase 3 Randomized Study of Daratumumab Monotherapy Versus Active Monitoring in Patients with High-Risk Smoldering Multiple Myeloma: Primary Results of the Aquila Study. Link zum Abstract