Neue bispezifische Immuntherapie IMA401/TCER® (T Cell Engaging Receptor) bei soliden Tumoren

IMA401 – Eine neue Immuntherapie für PatientInnen mit soliden Tumoren
Patientinnen und Patienten, bei denen ihr Tumor zurückgekommen ist oder nicht mehr auf die Behandlung anspricht, haben oft nur wenig wirksame Behandlungsoptionen zur Verfügung.
Die Immuntherapie hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht, doch viele dieser Ansätze wirken nicht bei allen Krebsarten.
IMA401 ist eine neue Art von Immuntherapie, die gezielt das Immunsystem aktiviert, um Krebszellen zu bekämpfen. Dabei hilft ein spezieller Mechanismus der T-Zellen – die körpereigenen Abwehrzellen – direkt zu den Tumorzellen lenkt. Erste Studien zeigen, dass dieser Ansatz vielversprechend ist und bei einigen Patientinnen und Patienten bereits zu einer Verkleinerung des Tumors geführt hat.
IMA401 ist ein sogenannter T-Cell Engaging Receptor (TCER®),und damit eine Weiterentwicklung der klassischen Bispezifischen Antikörper (BiTEs).
Das besondere an IMA401 ist, dass es einen speziellen Eiweißbaustein, das sogenannte MAGEA4/8-Peptid auf der Oberfläche der Tumorerzellen erkennt.
Allerdings kann IMA401 dieses Peptid nur dann identifizieren, wenn es von einem bestimmten Molekül namens HLA-A02:01 präsentiert wird. Dieses Molekül funktioniert wie eine „Halterung“, die das Peptid sichtbar macht. Da nicht alle Menschen diesen HLA-Typ haben, kann die Therapie nur bei Patientinnen und Patienten mit HLA-A02:01 wirken – bei anderen fehlt die notwendige Präsentation für eine gezielte Immunreaktion.
Wie funktioniert IMA401?
IMA401 ist ein bispezifischer Wirkstoff, der zwei zentrale Funktionen kombiniert: Er bindet zielgerichtet an ein Tumorantigen und aktiviert gleichzeitig T-Zellen – die „Killerzellen“ unseres Immunsystems. Dank dieser Kombination wird die Immunantwort direkt an die Krebszellen herangetragen, was dazu führt, dass sie diese angreifen und zerstören. Der neuartige TCER®-Ansatz von IMA401 unterscheidet sich von anderen Immuntherapien, weil er sowohl eine hohe Affinität zur Zielstruktur als auch eine verlängerte Halbwertszeit bietet, was zu einer verlängerten Wirkung im Körper führt.


Bei welchen Tumoren kann IMA401 eingesetzt werden?
Erste Daten zeigen, dass die Therapie bei Tumorarten wie Eierstockkrebs, nicht-kleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC), Magenkrebs, Kopf-Hals-Tumoren (HNSCC), Melanomen und neuroendokrinen Karzinomen eingesetzt werden konnte. Wichtig ist, dass die Tumorzellen das MAGEA4/8-Peptid auf HLA-A*02:01 präsentieren, da IMA401 speziell für diese Kombination entwickelt wurde. Prinzipiell können alle Patientinnen mit soliden Tumoren auf diese Kombination getestet werden.
Was ist ein HLA-Eiweiß?
HLA-Eiweiße (Human Leukocyte Antigens) sind Strukturen auf der Oberfläche von Körperzellen, die dem Immunsystem helfen, zwischen körpereigenen und fremden Zellen zu unterscheiden. Sie präsentieren kleine Bruchstücke von Proteinen (Peptide) an die Immunzellen, damit diese erkennen können, ob eine Zelle gesund oder infiziert bzw. entartet ist. Es gibt viele verschiedene HLA-Typen, die individuell unterschiedlich sind – ähnlich wie ein genetischer Fingerabdruck. Bestimmte Immuntherapien, wie IMA401, funktionieren nur bei Menschen mit einem speziellen HLA-Typ, weil sie gezielt auf dessen Peptid-Präsentation ausgerichtet sind.
Warum findet sich auf Tumorzellen vermehrt das MAGEA4/8-Peptid?
Das MAGEA4/8-Peptid stammt aus der MAGEA-Proteinfamilie, die normalerweise nur in bestimmten Geweben wie den Hoden aktiv ist. In Tumorzellen kann es jedoch durch genetische Veränderungen wieder angeschaltet werden, wodurch größere Mengen dieses Proteins produziert und anschließend in kleine Peptidfragmente zerlegt werden. Diese Fragmente werden dann vermehrt auf der Zelloberfläche von Krebszellen präsentiert. Da gesunde Körperzellen diese Proteine normalerweise nicht oder nur in geringen Mengen bilden, bietet MAGEA4/8 ein attraktives Ziel für Immuntherapien wie IMA401.
IMA401-101 Studie: Studienhintergrund und Zielpopulation
Die laufende Phase-1a/1b-Studie mit IMA401 richtet sich an Patientinnen und Patienten bei denen ein Tumor wiedergekommen ist oder auf die bisherige Behandlung nicht mehr anspricht. Diese Patientengruppe ist oft stark vorbehandelt und spricht auf herkömmliche Therapien nicht mehr ausreichend an. Im Rahmen der Studie werden die am besten verträgliche Dosis (MTD) ermittelt werden. Diese Dosis wird dann in der Folge in einer größeren Phase-2 Studie eingesetzt. Neben der Sicherheit und Verträglichkeit stehen auch pharmakokinetische Parameter sowie erste Hinweise auf die antitumorale Aktivität im Fokus.
Erste Ergebnisse der IMA401-101 Studie
Bis zum 1. April 2024 wurden 25 stark vorbehandelte Patientinnen und Patienten in verschiedenen Dosisstufen (von 6,6 μg bis 2,5 mg) mit IMA401 behandelt. Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick:
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Sicherheit und Verträglichkeit:
IMA401 wurde insgesamt gut vertragen. Die häufigsten behandlungsbezogenen Nebenwirkungen waren vorübergehende Lymphozytopenie (eine Verringerung der Lymphozytenzahl) und ein leichtes bis moderates Zytokinfreisetzungssyndrom (CRS) – in den allermeisten Fällen nur leichten Grades. Ein erhöhter Anteil an schweren Neutropenien (Mangel an Abwehrzellen) trat bei einer höheren Dosis (Dosis Level 7) auf, nach der Einführung einer Kortison-Vorbehandlung nicht mehr auf. -
Pharmakokinetik:
IMA401 weist eine Halbwertzeit von etwa 15 Tagen auf. Dies ermöglicht es, die Behandlungen nach einer wöchentlichen Aufdosierung auf eine zwei wöchentliche Gabe umzustellen – ein wichtiger Aspekt, der den Komfort für Patientinnen und Patienten erhöht. -
Antitumorale Wirksamkeit:
Von den Patientinnen und Patienten, die bereits ausgewertet werden konnten, erreichten 55 % (oder 11 von bisher 20 PatientInnen) eine Krankheitskontrolle (das schließt eine stabile Erkrankung und Teilansprechen ein), und 45 % zeigten eine messbare Verkleinerung des Tumors (im Mittel lag dieses etwa bei -21,7 %). Besonders beeindruckend sind drei Patientinnen/Patienten, bei denen dauerhafte partielle Antworten erzielt wurden – diese hielten bereits für 4, 10 und 11 Monate nach der ersten Infusion an.
Diese Ergebnisse liefern den ersten klinischen Proof-of-Concept für die TCER®-Therapien bei soliden Tumoren. Sie zeigen, dass IMA401 als Einzeltherapie bei stark vorbehandelten Patientinnen und Patienten mit soliden Tumoren nicht nur sicher ist, sondern auch erste Anzeichen einer signifikanten antitumor Aktivität liefert.
Bedeutung und Ausblick
Die bisherigen Daten zu IMA401 zeigen vielversprechende erste Hinweise auf eine Wirksamkeit bei Patientinnen und Patienten mit stark vorbehandelten soliden Tumoren. Dennoch sind weitere Studien erforderlich, um die optimale Dosierung, die langfristige Sicherheit und die genaue Rolle dieser Therapie im Behandlungsspektrum besser zu verstehen. Insbesondere wird sich in Folgestudien zeigen, ob sich IMA401 als neue Behandlungsoption für bestimmte Tumorarten etablieren kann und welche Patientengruppen besonders profitieren könnten.
Da die Dosisfindung in der Studie noch nicht abgeschlossen ist und die maximale verträgliche Dosis (MTD) sowie die empfohlene Phase-2-Dosis (RP2D) noch ermittelt werden, wird die weitere Studienphase entscheidende Informationen darüber liefern, wie IMA401 optimal eingesetzt werden kann. Insbesondere wird erwartet, dass weitere Daten zur langfristigen Wirksamkeit und zu eventuellen späten Nebenwirkungen noch weitere Klarheit schaffen.
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Quellen
Initial safety, pharmacokinetics, and anti-tumor activity data of TCER IMA401, a MAGEA4/8-directed half-life extended TCR bispecific, in phase I dose escalation. Martin Wermke et al. Annals of Oncology (2024) 35 (suppl_2): S674-S711. 10.1016/annonc/annonc1596 Link
Studienvignette zur IMA401-101 Studie Link
Studienregister Link