Camizestrant: Neuer SERD in der Brustkrebstherapie – Ergebnisse der SERENA-2 Studie und Ausblick auf adjuvante Entwicklungen

Camizestrant: Neuer SERD in der Brustkrebstherapie – Ergebnisse der SERENA-2 Studie und Ausblick auf adjuvante Entwicklungen

Die Behandlung von hormonrezeptor-positivem (ER+), HER2-negativem Brustkrebs stellt insbesondere bei Patientinnen, die auf herkömmliche endokrine Behandlung nicht mehr ausreichend ansprechen, eine große Herausforderung dar. Endokrine Therapien zielen darauf ab, das Wachstum von Tumorzellen zu hemmen, die auf den Östrogenrezeptor (ER) angewiesen sind. Doch trotz bewährter Medikamente wie Fulvestrant kann es zur Resistenzentwicklung kommen. Hier setzt Camizestrant an – ein neuer, als Tablette einzunehmender, selektiver Estrogenrezeptor-Degrader (SERD) und kompletter Östrogenrezeptor-Antagonist, der verspricht, die Hemmung des Östrogenrezeptor-Signalwegs noch effektiver zu gestalten.

Was ist Camizestrant und wie wirken SERDs?

Camizestrant gehört zur nächsten Generation von SERDs und wirkt, indem es den Östrogenrezeptor in den Tumorzellen abbaut und somit deren Wachstum blockiert. Im Gegensatz zu Fulvestrant, das als intramuskuläre Injektion verabreicht wird, wird Camizestrant als Tablette eingenommen, was den Komfort für die Patientinnen erhöht. Erste klinische Daten deuten darauf hin, dass Camizestrant sowohl bei Patientinnen mit ESR1-Mutationen als auch bei solchen ohne diese Mutation wirksam sein könnte.

Schematische Darstellung des Wirkmechanismus von Camizestrant als SERD bei Östrogenrezeptor-positivem (ER+) Brustkrebs

Was ist die ESR1-Mutation

Die ESR1-Mutation ist eine genetische Veränderung im Östrogenrezeptor-1-Gen, das bei vielen Brustkrebsarten eine Rolle spielt. Diese Mutation verändert den Rezeptor so, dass er unempfindlich gegenüber gängigen Hormontherapien wird, die normalerweise das Tumorwachstum hemmen. Dadurch kann der Brustkrebs trotz Behandlung weiter wachsen. Die ESR-1-Mutation tritt häufiger bei schon fortgeschrittenen Erkrankungen auf und kann dann alternative Therapieansätze erfordern.

Die SERENA-2 Studie: Studiendesign und Zielsetzung

Die SERENA-2 Studie ist eine offene, randomisierte Phase-2-Studie, in der Camizestrant in verschiedenen Dosisstufen mit Fulvestrant verglichen wurde. Teilnehmerinnen dieser Studie waren postmenopausale Frauen mit fortgeschrittenem oder metastasiertem ER-positivem, HER2-negativem Brustkrebs, deren Krankheit trotz mindestens einer vorangegangenen endokrinen Therapie fortgeschritten war. Die Patientinnen wurden zufällig den folgenden Behandlungsarmen zugeteilt:

  • Camizestrant 75 mg (oral, einmal täglich)
  • Camizestrant 150 mg (oral, einmal täglich)
  • Camizestrant 300 mg (bis dieser Arm geschlossen wurde)
  • Fulvestrant 500 mg (intramuskulär, gemäß Zulassung)

Das primäre Ziel der Studie war es, die Wirksamkeit von Camizestrant im Vergleich zu Fulvestrant anhand der Zeit ohne ein Fortschreiten der Erkrankung (progressionsfreies Überlebens, PFS) zu bewerten.

Wichtige Ergebnisse der SERENA-2 Studie

Insgesamt wurden 240 Patientinnen in der SERENA-2 Studie behandelt. 74 Teilnehmerinnen erhielten 75 mg Camizestrant, 73 erhielten 150 mg Camizestrant und 20 von ihnen waren in der Gruppe mit 300 mg Camizestrant. 73 Patientinnen erhielten Fulvestrant im Kontrollarm.

Die Ergebnisse der SERENA-2 Studie lieferten folgende zentrale Erkenntnisse:

Effektivität

Progressionsfreies Überleben (Überleben ohne Fortschreiten der Erkrankung, PFS):
Bei den Patientinnen, die Camizestrant 75 mg erhielten, lag das PFS im Mittel bei 7,2 Monaten.
Mit der 150-mg-Dosis betrug das mediane PFS 7,7 Monate.
Im Vergleich dazu lag das PFS bei den Patientinnen, die Fulvestrant erhielten, im Mittel nur bei 3,7 Monaten.
Es konnte gezeigt werden, dass Camizestrant im Vergleich zu Fulvestrant das Risiko eines Fortschreitens der Krankheit deutlich senkt.

Sicherheit

In der 75 mg Camizestrant Gruppe traten behandlungsbezogene Nebenwirkungen (TRAEs) bei 53 % der Patientinnen auf, in der 150-mg-Gruppe bei 67 % und in der 300-mg-Gruppe bei 70 %.
Im Vergleich dazu erlebte nur eine Minderheit der Patientinnen in der Fulvestrant-Gruppe (18 %) behandlungsbezogene Nebenwirkungen.

Es gab keine behandlungs-bedingten Todesfälle, und schwerwiegende Nebenwirkungen traten nur selten auf (kein einzelnes Ereignis bei mehr als 3 % der Patientinnen).

Diese Ergebnisse zeigen, dass Camizestrant bei fortgeschrittenem ER-positivem, HER2-negativem Brustkrebs zu einem deutlichen Vorteil im Vergleich zu Fulvestrant führen kann – insbesondere in Bezug auf die Zeit ohne eine Krankheitsprogression.

Bedeutung der Ergebnisse und Ausblick

Durch die positiven Ergebnisse der Phase-2-SERENA-2 Studie wird der Einsatz von Camizestrant beim Östrogenrezeptor positivem (ER+) Brustkrebs weiter untersucht.

Fortgeschrittener Brustkrebs

In der Phase-3-Studie SERENA-6 wird die Kombination aus Camizestrant und CDK4/6-Inhibitoren bei Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem metastasierten Brustkrebs untersucht, die während der Behandlung mit Aromatasehemmern eine ESR1-Mutationen entwickelt haben. Gleichzeitig prüft die Phase-3-Studie SERENA-4 den Einsatz von Camizestrant zusammen mit Palbociclib (einem CDK4/6-Inhibitor) als Erstlinientherapie bei Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem, lokal fortgeschrittenem oder metastasierendem Brustkrebs.

Diese Studien können in Deutschland keine Patientinnen mehr aufnehmen, die Rekrutierung ist beendet.

Die Ergebnisse dieser Studien werden mit Spannung erwartet.

Adjuvante Situation

Neben der Behandlung im fortgeschrittenen Stadium wird Camizestrant auch im frühen (adjuvanten) Setting weiter untersucht. Hierzu laufen aktuell zwei Phase-3-Studien, die darauf abzielen, den Nutzen von Camizestrant im Vergleich zur bisherigen anti-hormonellen Standardtherapie zu evaluieren:

CAMBRIA-1:
Diese Studie untersucht, ob Camizestrant die Rate an Rückfällen im Vergleich zu einer Standardtherapie (Aromatasehemmer oder Tamoxifen) bei Patientinnen mit Östrogenrezeptor-positivem, HER2-negativem Brustkrebs verbessern kann. Die Patientinnen haben bereits eine definitive lokal-regionale Therapie erhalten (d.h. es wurde bereits eine Operation und gegebenenfalls auch eine Bestrahlung durchgeführt). Außerdem muss mindestens zwei Jahre lang eine adjuvante endokrine Therapie erfolgt sein.

CAMBRIA-2:
In dieser Studie wird Camizestrant direkt im Anschluss an die definitive lokal-regionale Therapie mit einer endokrinen Standardtherapie verglichen. Eingeschlossen werden können Patientinnen mit Östrogenrezeptor-positivem, HER2-negativem Brustkrebs im adjuvanten Setting, die ein intermediär-hohes oder hohes Rückfallrisiko haben. Die geplante Therapiedauer beträgt hier 7 Jahre, und die Patientinnen werden über einen Zeitraum von 10 Jahren beobachtet.

Die CAMBRIA-1 und CAMBRIA-2 Studien sind geöffnet und Patientinnen können eingeschlossen werden.

Gut zu wissen..

adjuvant“ bezeichnet eine zusätzliche Behandlung, die nach der Haupttherapie (zum Beispiel einer Operation und/oder einer Bestrahlung) erfolgt, um das Risiko eines Wiederauftretens des Brustkrebs zu senken.

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Quellen

Camizestrant, a next-generation oral SERD, versus fulvestrant in post-menopausal women with oestrogen receptor-positive, HER2-negative advanced breast cancer (SERENA-2): a multi-dose, open-label, randomised, phase 2 trial
Oliveira, Mafalda et al. The Lancet Oncology, Volume 25, Issue 11, 1424 – 1439
Link zum Originalartikel

SERENA-6 Studie Studienvignette Eintrag im Studienregister Link

SERENA-4 Studie Studienvignette Eintrag im Studienregister Link

CAMBRIA-1 Studie Studienvignette Eintrag im Studienregister Link

CAMBRIA-2 Studie Studienvignette Eintrag im Studienregister Link