Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Precemtabart tocentecan (M9140) gegen CEACAM5-positive Tumoren

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Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Precemtabart tocentecan (M9140) gegen CEACAM5-positive Tumoren – Neue Therapiestudie für Patienten mit Adenokarzinom der Lunge, des Magens und der Bauchspeicheldrüse

Was ist CEACAM5 – und warum ist es ein lohnendes Ziel für neue Krebstherapien?

CEACAM5 (Carcinoembryonales Antigen) ist ein Eiweiß, das auf der Oberfläche vieler Krebszellen stark ausgeprägt ist – insbesondere beim kolorektalen Karzinom, aber auch beim Adenokarzinom der Lunge, bei Magen- und Pankreaskrebs. In gesundem Gewebe kommt CEACAM5 hingegen kaum vor. Genau dieser Unterschied macht CEACAM5 zu einem attraktiven Ziel für neue, präzise Krebstherapien.

Was ist M9140 und wie funktioniert es?

Precemtabart tocentecan (M9140) ist ein sogenanntes Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (ADC), das aus drei Komponenten besteht:

  • Antikörper: erkennt gezielt CEACAM5 auf der Tumorzelle.

  • Wirkstoff: Exatecan, ein starker Hemmstoff der Topoisomerase I – ein Enzym, das für die Zellteilung notwendig ist.

  • Linker: verbindet den Antikörper mit dem Wirkstoff und sorgt dafür, dass dieser erst in der Tumorzelle freigesetzt wird.

Precemtabart tocentecan (M9140) wirkt also wie ein zielgerichtetes Transportsystem, das den Wirkstoff direkt in die Krebszelle bringt, wo er seine zerstörerische Wirkung entfalten kann – ohne dabei so stark gesundes Gewebe zu schädigen

Schaubild vom Wirkmechanismus von M9140 als Antikörper-Wirkstoff-Konjugat gegen CEACAM5

Erste klinische Erfahrungen beim metastasierten Darmkrebs (mCRC) – die PROCEADE-CRC-01-Studie

In einer ersten klinischen Studie (Phase I) wurde Precemtabart tocentecan (M9140) bei 40 PatientInnen mit metastasiertem kolorektalem Karzinom untersucht, die bereits viele Vortherapien hinter sich hatten.

Ziel der Studie war die beste Dosis in Hinblick auf Sicherheit und Wirksamkeit von M9140 zu finden.

Ergebnisse im Überblick:

  • Ansprechrate: 10 % der PatientInnen erzielten ein objektives Ansprechen (Teilremission), 42,5 % erreichten eine Krankheitskontrolle (Stabilisierung der Erkrankung, kein Tumorwachstum).

  • Die mittlere Zeit ohne Voranschreiten der Erkrankung (PFS) lag bei 6,7 Monaten – bemerkenswert in einer so stark vorbehandelten Patientengruppe.

  • Nebenwirkungen: Häufig waren Blutbildveränderungen, wie z. B. erniedrigte Abwehrzellen (Neutropenien), aber keine typischen Nebenwirkungen wie Lungenentzündungen oder Augenschäden, die bei anderen Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten häufiger beobachtet wurden.

Fortsetzung der Studie beim Darmkrebs (mCRC)

Die Entwicklung von Precemtabart tocentecan geht für Patientinnen und Patienten mit metastasiertem Darmkrebs (mCRC) weiter. Im Rahmen der ursprünglichen Studie wird aktuell der sogenannte „Dose Expansion“-Teil durchgeführt. Dabei soll die optimale Dosierung von M9140 noch genauer bestimmt und gleichzeitig die Wirksamkeit bei DarmkrebspatientInnen weiter untersucht werden. Diese Fortsetzung ist Teil der PROCEADE-CRC-01-Studie und bildet eine wichtige Grundlage für mögliche zukünftige Zulassungsverfahren bei metastasierten Kolorektalenkarzinom (mCRC).

Die PROCEADE PanTumor-Studie – Precemtabart tocentecan (M9140) für weitere Krebsarten

Da CEACAM5 nicht nur beim Darmkrebs vorkommt, wird M9140 nun in einer laufenden multizentrischen Studie (Link zur Studienvignette) in weiteren soliden Tumoren untersucht. Die Studie richtet sich an PatientInnen mit fortgeschrittenen oder metastasierten Adenokarzinomen in folgenden drei Kohorten:

1. Adenokarzinom der Lunge (Nicht-kleinzelliger Lungenkrebs, NSCLC)

Diese Tumorart exprimiert in einem relevanten Teil CEACAM5. Die Studie prüft die Wirksamkeit von Precemtabart tocentecan bei PatientInnen, die bereits andere Behandlungen erhalten haben. PatientInnen mit 2 – 4 Vortherapien können eingeschlossen werden.

2. Magenkarzinom

Auch hier wird CEACAM5 häufig auf der Tumoroberfläche nachgewiesen. Für viele PatientInnen, bei denen Standardbehandlungen nicht mehr wirken, könnte Precemtabart tocentecan eine neue Option werden. PatientInnen mit 2-3 Vortherapien können eingeschlossen werden.

3. Pankreaskarzinom (Bauchspeicheldrüsenkrebs)

Pankreaskrebs gehört zu den aggressivsten Krebsarten mit bisher wenigen wirksamen Therapien in späten Stadien. Erste Hinweise deuten darauf hin, dass CEACAM5 auch hier ein therapeutisch nutzbares Ziel sein kann.

PROCEADE PanTumor-Studie

Patientengruppe: Wer kann an der Studie teilnehmen?

In dieser Studie können Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenem oder metastasiertem Adenokarzinom teilnehmen – das heißt mit Tumoren, die sich bereits über den ursprünglichen Entstehungsort hinaus ausgebreitet haben. Konkret umfasst die Studie drei verschiedene Tumorarten:

  • Nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom (NSCLC, Adenokarzinom)

  • Magenkrebs bzw. Adenokarzinom des gastroösophagealen Übergangs (AEG)

  • Bauchspeicheldrüsenkrebs (duktales Pankreaskarzinom)

Wichtig: Vor der Aufnahme in die Studie wird untersucht, ob der Tumor des Patienten das Zielmolekül CEACAM5 in ausreichender Menge auf seiner Oberfläche trägt. Nur PatientInnen mit nachgewiesener CEACAM5-Expression können teilnehmen.

Teilstudien im Überblick

  • Substudie NSCLC (Lungenkrebs):
    Eingeschlossen werden können PatientInnen mit einem Adenokarzinom der Lunge, die bereits eine bis maximal drei systemische Vortherapien erhalten haben. Für den Teil A dürfen nur PatientInnen ohne EGFR-Mutation teilnehmen, außerdem muss CEACAM5 stark nachweisbar sein. In Teil B können auch PatientInnen mit EGFR-Mutation aufgenommen werden.

  • Substudie GC (Magenkrebs):
    Eingeschlossen werden PatientInnen mit HER2-negativem Magenkarzinom oder einem AEG-Tumor. Die Betroffenen müssen mindestens eine und höchstens zwei vorherige systemische Therapien erhalten haben. Falls der Tumor mikrosatelliteninstabil ist oder ein PD-L1 Combined Positive Score (CPS) ≥1 aufweist, muss bereits eine Immuntherapie (Checkpoint-Inhibitor) erfolgt sein. Im Part B der Studie können auch PatientInnen, deren Tumore nur eine niedrige CEACAM5-Expression aufweist, eingeschlossen werden.

  • Substudie PDAC (Bauchspeicheldrüsenkrebs):
    Teilnehmen können PatientInnen mit einem duktalen Adenokarzinom des Pankreas, bei denen die Erkrankung trotz einer vorangegangenen Chemotherapie (z. B. FOLFIRINOX, NALIRINOX oder Nab-Paclitaxel/Gemcitabin) fortgeschritten ist. Auch hier ist eine starke CEACAM5-Expression auf mindestens der Hälfte der Tumorzellen erforderlich.

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Quellen

Scott Kopetz et al. First-in-human trial of M9140, an anti-CEACAM5 antibody drug conjugate (ADC) with exatecan payload, in patients (pts) with metastatic colorectal cancer (mCRC).. JCO 42, 3000-3000(2024).
DOI:10.1200/JCO.2024.42.16_suppl.3000 Link

Studienvignette zur PROCEADE PanTumor Studie Link

Studienregister Link